Wie schreiben Hochsensible?

Mimose: Wie schreiben Hochsensible

Gefällt dir das Bild von den feingliedrigen Blättern der Mimose? Die Pflanze, die zwischen Februar und März blüht, ist seit den 1960er Jahren das Symbol des Weltfrauentags in Italien. Sie passt damit zufällig zum heutigen Muttertag in Österreich. Trotz ihrer scheinbaren Zerbrechlichkeit wächst die Mimose auch auf schwierigem Gelände. Schwierig wie das Thema: Wie schreiben Hochsensible?

Spleen, Persönlichkeitsstörung oder einfach im Trend?

Bevor ich das Schreiben von Hochsensiblen unter die Lupe nehme, braucht es ein paar Grundüberlegungen zu „Hochsensibilität“. Ich habe mich gefragt: Handelt es sich um einen Spleen, eine Störung oder befriedigt es einfach den vorherrschenden Trend zum (Über)Psychologisieren des Alltags?

Bis zu zehnmal so intensiv wahrnehmen

Wenn du hochsensibel bist, weißt du zu dem Thema wahrscheinlich mehr als ich oder hast dich sicher schon länger und intensiver damit beschäftigt. Für alle, die zufällig hier gelandet sind, fasse ich in aller Kürze und „ohne Gewähr“ zusammen: Unter „Hochsensiblen“ versteht man Menschen, die sensibler auf Erlebtes reagieren und die ihre Umgebung stärker und auf vielen Ebenen gleichzeitig wahrnehmen. Sie leiden deshalb schneller an einer Reizüberflutung als andere. Da sie die Eindrücke tiefer und komplexer verarbeiten, wird hochsensiblen Menschen eine sehr hohe Empathie und ein Bewusstsein für Feinheiten zugeschrieben.

Die einschlägige Forschung geht davon aus, dass Hochsensible die Reize aus der Umwelt bis zu zehnmal so intensiv wahrnehmen wie normalsensible Menschen. Die Schätzungen, wie häufig Hochsensibilität in der Gesellschaft auftritt, schwanken. Je nach Erhebung befinden sich zwischen 10 bis 30 % am oberen Ende der Hochsensibilitätsskala. (Zu Forschung und Diagnose gibt dazu noch einen kleinen Exkurs ganz am Ende meines Beitrags)

Wie schreiben Hochsensible?

Schreiben Hochsensible anders? Jasmin Schindler gibt uns in ihrem Blog Healthy Habits einen tieferen Einblick. Sie schreibt dort über die Entstehung ihres Buches „Gestatten: Hochsensibel“ (2017) und wie es ist, eine hochsensible Autorin zu sein.

Vorteile

  • Die ausgeprägte Empathie ist ihr bei der Recherche und den Interviews zugutegekommen.
  • Sie hat Informationen schnell aufsaugen und abspeichern können.
  • Ihre Fähigkeit sich zu vertiefen sowie ihr Auge für Details haben ihr bei der Recherche, dem Schreiben und Formatieren geholfen.

Nachteile

  • Sie saugte auch auf, was ihr Gedankenkarussell so richtig in Gang setzte. Sie grübelte häufig, schlief schlecht, grübelte deshalb noch mehr usw.
  • Von vielen Informationen im Internet ließ sie sich verunsichern und mit der Zeit wurde sie auch immer unsicherer, was ihr Buch anging.
  • Ihre Ängstlichkeit bzw. ihr vorauseilender Gehorsam führten zu manchem Mehraufwand, den sich andere Autor:innen vielleicht nicht gemacht hätten.
  • Sie machte sich selbst viel Druck, weil sie nach eigener Aussage schlecht darin war, die Ruhe zu bewahren und Fristen gelassen nach hinten zu verschieben.
  • Wenn etwas schiefging, beschäftigte sie das lange.

Mindset-Shift

Ich kann mir gut vorstellen, dass das breite Spektrum der Eigenschaften, die man hochsensiblen Menschen zuschreibt (siehe die – sicher unvollständige – Liste), sich beim Schreiben und anderen (kreativen) Tätigkeiten positiv auswirkt. Auf der anderen Seite kann jede dieser Eigenschaften, wenn sie sehr stark ausgeprägt ist, auch ins Gegenteil umschlagen, wie das oben erwähnte Beispiel zeigt. Insgesamt scheinen mir einige der aufgezählten Eigenschaften als zumindest erlern- und/oder trainierbar.

  • Besondere Sinneswahrnehmung
  • Sinn für Ästhetik
  • Gutes Zuhören / Merken von Details
  • Sich vertiefen können
  • Analysieren
  • Meta-Denken / Reflexion
  • Vorstellungskraft
  • Empathie
  • Fehler finden / Feinheiten der Rechtschreibung und Grammatik durchdenken
  • Streben nach Perfektion
  • Gerechtigkeitssinn/Gewissenhaftigkeit

Erklärungen für außergewöhnliche Lebensläufe

Die US-amerikanische Psychologin Elaine Aron führte für das Phänomen Mitte der 1990er Jahre den Begriff „Hochsensible“ ein, der aber unter Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern kontrovers diskutiert wird. Eine eindeutige Diagnose gibt es der Forschung zufolge eigentlich nicht. Aus zahlreichen Erfahrungsberichten habe ich jedoch erfahren, dass der Umstand als hochsensibel zu gelten, Menschen hilft, rückblickend zufriedenstellende Erklärungen für den Verlauf ihres Lebens zu finden:

„Ich habe meine Hochsensibilität erst spät erkannt, aber dadurch vieles in meinem Leben besser verstanden und gelernt, sie als etwas Gutes zu verstehen und zu nutzen. Das Schreiben war und ist auch dafür ein wunderbarer Wegweiser – und eine unglaubliche Kraftquelle.“ (https://www.unicaneuspiel.at/)

Vielleicht gehörst DU auch zu denen, die viele Talente haben und gar nicht so richtig, wissen, wo ihr Ort ist. Ich persönlich steige lieber nicht in die Schublade der Hochsensiblen, obwohl ich mir – zumindest in bestimmten Situationen – manche von den Eigenschaften zuschreiben würde.

Spitze deinen Verstand und deine Feder! Schreib mir!

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