Kreatives Schreiben: Was bringt’s?

Kreatives Schreiben

Gute Frage. Kann ich dir aber ad hoc nicht beantworten. Ich vergleiche kreatives Schreiben gerne mit dem Kochen. Je mehr und je öfter ich kochen „muss“, also je mehr es zur lästigen Gewohnheit wird, desto einfallsloser werde ich. Erst wenn mir nichts mehr einfällt als Nudeln mit Tomatensauce, erwache ich aus meinem Kochkoma und schreite zur Tat:

Kochen ist wie kreatives Schreiben

Ich vereinbare einen Termin und lade meine engsten Freund:innen zu einem 7-Gänge-Menü ein. Das zwingt mich kreativ zu werden. Denn das Menü muss die unterschiedlichsten Kriterien erfüllen. Es darf nicht zu kompliziert sein und auch nicht zu viel Vorbereitungszeit beanspruchen, wenn die Gäste bereits gemütlich im Wohnzimmer sitzen. Die einzelnen Gänge dürfen nicht zu schwer sein. Bestenfalls sollen sie sich harmonisch ergänzen. Die Gerichte dürfen nicht abgedroschen sein. Sollten also einen Neuwert haben und gleichzeitig die Vorlieben meiner Gäste treffen. Wie ich das schaffe: Ich variiere meine eigenen und deren Lieblingsgerichte leicht, spiele mit den Zutaten. Oder ich blättere mit Hunger meine Kochbücher durch und lasse mich von den Bildern und eigenen Genussmomenten inspirieren, die mir dabei in den Sinn kommen.

Verlorene Kreativität

Kreatives Schreiben hat viele ernste, konzentrierte und lachende Gesichter. Und es ist für die meisten ungewohnt oder absolutes Neuland, obwohl es in jeder und jedem von uns tief verankert ist. Dazu fällt mir ein Erlebnis mit meinem Neffen ein: Der siebenjährige Erstklässler, der noch nicht alle Buchstaben gelernt hat, setzt sich am Heiligen Abend mit kleinen Blockzettelchen und den neuen Buntstiften, die er vom Christkind bekommen hat, neben mich und beginnt – mitten im Trubel der Familienfeier – eine Geschichte über einen kleinen Wal zu schreiben. Immer wieder fragt er mich, wie man dieses oder jenes Wort schreibt. Zwischendurch bittet er mich, seine Geschichte zu lesen und zu sagen, wie ich sie finde. Gemeinsam überlegen wir, wie es weitergehen könnte. Wen trifft der Wal? Passiert ihm etwas? Geht die Geschichte gut aus?

Die Schleusen öffnen

Es macht richtig Spaß, ihm zuzuschauen, wie er Bekanntes mit Neuen verbindet und seiner Fantasie freien Lauf lässt. Ich bekomme selbst Lust, seine Geschichte mit meinen eigenen Ideen weiterzuschreiben, die mir spontan in den Sinn kommen. Das sind Momente, in denen ich genau weiß, was das kreative Schreiben bringt. Es verbindet uns mit unserem unerschöpflichen Ideen-Potenzial. Es weckt unseren Spieltrieb und zeigt uns den unendlichen Reichtum an Möglichkeiten, den wir haben, um Neues zu entwickeln und aus dem Gewohnten und Gewöhnlichen auszubrechen. Es öffnet sozusagen die Schleusen zu unserer Kreativität. Ich nehme mir vor, ihn an diesen Heiligen Abend zu erinnern, wenn das Schreiben in und für die Schule zum Zwang wird.

Kreatives Schreiben in der Schule

Ähnliche Erfahrungen habe ich auch in Unterrichtseinheiten zum kreativen Schreiben gemacht. Zuerst die Skepsis: Warum sagen Sie uns nicht genau, was wir schreiben sollen? Denn in der Schule werden Schüler:innen bis zur Matura darauf gedrillt, ihnen vorgegebene Arbeitsaufträge möglichst präzise zu erfüllen. Da bleibt kein Platz für (ungestrafte) kreative „Schreibausflüge“, bei denen man sich inhaltlich versteigt (vgl. dazu den Blog: Aufsatz für die Schule …).

Auf die Skepsis folgt Unsicherheit

Mir fällt nichts ein – weil sofort hohe Maßstäbe angelegt werden – an den Text und an sich selbst als Schreiber:in. Beurteilung, Bewertung, Leistungs- und Konkurrenzdenken lassen sich eben nicht so leicht ausblenden. Aber es gibt kein Entkommen. Wir machen das jetzt so: Hört zu. Schreibt auf, was euch zu dem, was ich euch jetzt vorlese/gebe, einfällt. Probiert es aus. Egal, was dabei herauskommt. Ich garantiere euch eines: Es wird ein einzigartiger Text, den nur jede:r Einzelne genau so schreiben kann.

Zufrieden mit dem Ergebnis

Wenn diese Hürde genommen ist, läuft es von selbst. Wie bei meinem 7-Gänge-Menü. Das passt zu dem, danach könnte ich … und ja, genau dazu die „Bruschetta“, die Isabella unbedingt braucht. Hurra, so wird das eine runde Sache … Und dann sitzen wir gemeinsam am Tisch, wir reden darüber, wie wir auf dieses oder jenes gekommen sind, wie wir es gemacht haben, wo die Schwierigkeiten lagen, wie zufrieden wir mit dem Ergebnis sind. Und auch wenn wir mit dem Ergebnis vielleicht nicht 100 %ig zufrieden sind, und da und dort nachjustieren wollen, wissen wir doch eines: Das habe ich aus mir heraus zuwege gebracht. Darauf kann ich aufbauen. Das stärkt mich und gibt mir Selbstvertrauen.

Wer diesen Wow-Effekt erleben will, besucht am besten einen meiner Workshops zum kreativen Schreiben – mit oder ohne Kochen oder Toskana.

Ich freue mich auf DICH!

Heidemaria Abfalterer (Dr. A.)

Könnte dir auch gefallen

Ein Kommentar

  1. Kreatives Schreiben mit Kochen zu vergleichen macht richtig Appetit! Appetit auf die eigene Wort- Fülle, die in jeder/jedem einzelnen steckt und auf das Ergebnis, das daraus erwächst. Natürlich ohne Anspruch auf Perfektion, sondern vielmehr auf das, was entsteht, wenn man ohne Rezept in den Buchstabensalat eintaucht und diesen zu einem individuellen, wohlschmeckenden Genusshappen formt. Das Schöne daran: Geschmäcker sind verschieden! Wem es mundet, der soll genießen, wem nicht, der koche sein eigenes Süppchen! Und das macht Spaß :-)))

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert